tun statt warten
Klimaneutralität bis 2030: Dieses Ziel haben sich führende Vorarlberger Unternehmen gesetzt und Ende 2022 den Verein „TUN. GreenDeal Vorarlberg“ ins Leben gerufen. Was sie zu diesem Vorstoß motiviert hat und wie sie das Ländle zum erfolgreichen Klimaschutzvorreiter machen wollen.
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Dominic Kummer
„jetzt ist die zeit zu handeln
nicht erst morgen oder übermorgen“, sagt Jürgen Sutterlüty, Geschäftsführer des gleichnamigen Vorarlberger Lebensmittelhandels und Vorstand des kürzlich gegründeten Vereins „TUN. Green Deal Vorarlberg“. „Wir gehen voran, sprechen brennende Themen an, diskutieren auf Augenhöhe und gestalten gemeinsam eine lebenswerte Zukunft.“ Denn Veränderung im Sinne einer besseren, klimaneutralen Welt sei möglich, sind die Gründungsmitglieder der neuen, ambitionierten Gemeinschaft überzeugt. Unter ihnen finden sich regionale Größen, aber auch international tätige Unternehmen, wie ALPLA, Gebrüder Weiss, Pfanner, Rauch, Rhomberg Bau, Rondo Ganahl und 11er Nahrungsmittel, welche auch zu den Kunden der fair-finance Vorsorgekasse zählen. Die derzeit insgesamt 22 Unternehmen des Vereins zählen mit rund 19.000 Mitarbeiter:innen im Land zu Vorarlbergs größten Arbeitgeber:innen.
Das Ziel von TUN: Bis 2030 soll Vorarlberg nur noch so viel CO₂ verbrauchen, wie sich zeitgleich wieder binden lässt. Die Unternehmen wollen mit gutem Beispiel vorangehen, die eigene Dekarbonisierung forcieren und die Transformation zur Modellregion Vorarlberg bei der Politik anstoßen. Die TUN-Betriebe sind überzeugt, als Vorreiter im Klimaschutz einen Wettbewerbsvorteil zu generieren. Als Vorbilder steigen sie möglichst rasch aus fossilen Energieträgern aus und setzen auf erneuerbare Energien. Doch damit nicht genug: Sie fördern umweltfreundliche Mobilität, Biodiversität und regionale Bio-Lebensmittel und bauen und sanieren künftig ökologisch und energieeffizient.
Für den Weg zur „Netto-Null“ und die Umsetzung einer Modellregion haben mehr als 60 Expert:innen im Auftrag des Vereins eine Roadmap mit 70 Handlungsfeldern und konkreten Maßnahmen erarbeitet. Um die Netto-Null zu erreichen, betrachtet TUN alle von Vorarlberg verursachten Emissionen. „Während der territoriale Ausstoß – also jener innerhalb unserer Landesgrenzen – bei vier bis fünf Tonnen CO₂ pro Person im Jahr liegt, beträgt der verursacherbasierte zehn bis zwölf Tonnen. Letzterer enthält auch Emissionen, die zum Beispiel für Produkte im Ausland anfallen. Wir benötigen daher neben den Reduktionsstrategien eine Dekarbonisierung auf allen Ebenen, massive Elektrifizierung, grüne Wärmenetze, und wir müssen das gesamte Potenzial erneuerbarer Energien ausschöpfen. All das ist größtenteils bis 2030 möglich“, erklärt Energieexperte Christof Drexel, Geschäftsführer der drexel reduziert GmbH.
TUN setzt sich gemeinsam mit Akteur:innen aus der Zivilgesellschaft für die rasche Etablierung einer Modellregion ein. Rechtliche Rahmenbedingungen, Finanzierungsmodelle und Förderinstrumente sollen die Transformation vereinfachen und beschleunigen.
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Dominic Kummer
„TUN. GreenDeal
Vorarlberg“-Mitglieder
Vorarlberg“-Mitglieder
Die glorreichen Sieben
Wir haben bei sieben Gründungsmitgliedern nachgefragt: Weshalb ist ein solcher Zusammenschluss von Unternehmen erforderlich? Welche neuen Projekte sind geplant und wie konkret sollen die CO₂ -Emissionen reduziert beziehungsweise vermieden werden?
Thomas Schwarz, CEO der 11er Nahrungsmittel GmbH: „Dass es mit dem Klimawandeltatsächlich etwas auf sich hat, kann mittlerweile niemand mehr abstreiten. Das Jahr 2022 war zwar wunderbar, wenn man draußen sein wollte, im Garten, zum Sport oder einfach so. Aber für die Natur war der viel zu trockene und zu warme Sommer eine Katastrophe – und damit auch für die Landwirtschaft. Nun gibt es große Pläne auf EU-Ebene und auch für Österreich, wie wir zu einer Net-Zero-Emission kommen sollen. Aber leider sind in vielen Bereichen die Rahmenbedingungen für Unternehmen noch überhaupt nicht klar und wie genau das erreicht werden kann.“ Doch gerade Unternehmen benötigen Planungssicherheit, wenn es um teils beträchtliche Investitionen geht. „Unternehmen denken bei Investitionen in Jahrzehnten, und solche nachhaltigen Investitionen müssen gründlich geplant, ordentlich finanziert und dann konsequent umgesetzt werden. Wenn aber nicht klar ist, was in fünf bis zehn Jahren noch ,erlaubt‘ und klug investiert ist, dann tut man sich schwer. Und die Gefahr, aufs falsche Pferd zu setzen, ist sicher gegeben.“
Thomas Schwarz, CEO der 11er Nahrungsmittel GmbH: „Dass es mit dem Klimawandeltatsächlich etwas auf sich hat, kann mittlerweile niemand mehr abstreiten. Das Jahr 2022 war zwar wunderbar, wenn man draußen sein wollte, im Garten, zum Sport oder einfach so. Aber für die Natur war der viel zu trockene und zu warme Sommer eine Katastrophe – und damit auch für die Landwirtschaft. Nun gibt es große Pläne auf EU-Ebene und auch für Österreich, wie wir zu einer Net-Zero-Emission kommen sollen. Aber leider sind in vielen Bereichen die Rahmenbedingungen für Unternehmen noch überhaupt nicht klar und wie genau das erreicht werden kann.“ Doch gerade Unternehmen benötigen Planungssicherheit, wenn es um teils beträchtliche Investitionen geht. „Unternehmen denken bei Investitionen in Jahrzehnten, und solche nachhaltigen Investitionen müssen gründlich geplant, ordentlich finanziert und dann konsequent umgesetzt werden. Wenn aber nicht klar ist, was in fünf bis zehn Jahren noch ,erlaubt‘ und klug investiert ist, dann tut man sich schwer. Und die Gefahr, aufs falsche Pferd zu setzen, ist sicher gegeben.“
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11ER NAHRUNGSMITTEL GMBH
Thomas Schwarz,
CEO 11er Nahrungsmittel
CEO 11er Nahrungsmittel
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GEBRÜDER WEISS/ SERRA
Peter Waldenberger,
Leiter Qualitäts- und Umweltmanagement Gebrüder Weiss
Leiter Qualitäts- und Umweltmanagement Gebrüder Weiss
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ALPLA GROUP
Günther Lehner,
Chairman ALPLA Group
Chairman ALPLA Group
TUN. GreenDeal Vorarlberg
Gründung:
Oktober 2022
Mitglieder:
22
Präsident:
Hubert Rhomberg
Vize-Präsidentin:
Bianca van Dellen
Finanzreferent:
Thomas Schwarz
Vorstand:
Jürgen Sutterlüty
Geschäftsführer:
Jürgen Weishäupl
TUN will den Takt angeben
Hier kommt für Schwarz nun der Verein TUN ins Spiel: „TUN will mit engagierten Unternehmen eine Modellregion zu einer konsequenten und schnellen Umsetzung des Zieles Netto-Null etablieren.“ Ziel sei es, „nicht zu warten, bis dann irgendwann die Politik vorgibt, was zu tun ist. TUN will den Takt vorgeben, zeigen, wie es geht und proaktiv handeln.“ 11er Nahrungsmittel verwendet bereits Grünstrom, hat PV-Anlagen auf den Unternehmensdächern installiert und optimiert laufend die Wärmerückgewinnung.
Mit einer eigenen Biogasanlage können biogene Reststoffe (z.B. Kartoffelschalen) in wertvolles Biogas – auf demselben Qualitätsniveau wie Erdgas – hergestellt und so die Transporte von Kartoffeln zum Werk bewerkstelligt werden. Schwarz: „Dadurch fahren sich die Kartoffeln quasi mit ihrer eigenen Energie zu uns ins Werk – das ist der 11er-Energiekreislauf.“ Das Logistikunternehmen Gebrüder Weiss agiert weltweit und will all seine Standorte bis 2030 klimaneutral betreiben. „Dafür nehmen wir die CO₂ -Emissionen an allen 180 Standorten genau in den Blick“, erklärt der Leiter des Qualitäts- und Umweltmanagements, Peter Waldenberger. „Die Installation von Photovoltaikanlagen auf den Dächern der Logistikterminals spielt dabei eine wichtige Rolle. 18 solcher Anlagen gibt es bei Gebrüder Weiss bereits. Sie decken derzeit 18 Prozent des konzernweiten Stromverbrauchs. Dieser Anteil soll durch den weiteren Ausbau jedes Jahr um 15 Prozent erhöht werden.“ Darüber hinaus erhöht Gebrüder Weiss den Anteil alternativer Antriebe im Schwerlastverkehr und entwickelt emissionsarme Lösungen für die Last Mile. „Im Großraum Wien wird ein Elektro-Lkw im Nahverkehrsbereich verwendet, Endkund:innen in Österreich werden mit Elektrotransportern beliefert. Seit Januar 2021 fährt zudem einer der ersten Wasserstoff-Lkw weltweit im Regelbetrieb in der Schweiz. Der Einsatz fünf weiterer H₂-Lkw ist für 2023 in Deutschland geplant."
Mit einer eigenen Biogasanlage können biogene Reststoffe (z.B. Kartoffelschalen) in wertvolles Biogas – auf demselben Qualitätsniveau wie Erdgas – hergestellt und so die Transporte von Kartoffeln zum Werk bewerkstelligt werden. Schwarz: „Dadurch fahren sich die Kartoffeln quasi mit ihrer eigenen Energie zu uns ins Werk – das ist der 11er-Energiekreislauf.“ Das Logistikunternehmen Gebrüder Weiss agiert weltweit und will all seine Standorte bis 2030 klimaneutral betreiben. „Dafür nehmen wir die CO₂ -Emissionen an allen 180 Standorten genau in den Blick“, erklärt der Leiter des Qualitäts- und Umweltmanagements, Peter Waldenberger. „Die Installation von Photovoltaikanlagen auf den Dächern der Logistikterminals spielt dabei eine wichtige Rolle. 18 solcher Anlagen gibt es bei Gebrüder Weiss bereits. Sie decken derzeit 18 Prozent des konzernweiten Stromverbrauchs. Dieser Anteil soll durch den weiteren Ausbau jedes Jahr um 15 Prozent erhöht werden.“ Darüber hinaus erhöht Gebrüder Weiss den Anteil alternativer Antriebe im Schwerlastverkehr und entwickelt emissionsarme Lösungen für die Last Mile. „Im Großraum Wien wird ein Elektro-Lkw im Nahverkehrsbereich verwendet, Endkund:innen in Österreich werden mit Elektrotransportern beliefert. Seit Januar 2021 fährt zudem einer der ersten Wasserstoff-Lkw weltweit im Regelbetrieb in der Schweiz. Der Einsatz fünf weiterer H₂-Lkw ist für 2023 in Deutschland geplant."
Das auf Kunststoffverpackungen spezialisierte Unternehmen ALPLA mit seinem Hauptsitz in Hard fokussiert sich auf die Bereiche Kreislaufwirtschaft und Recycling und die daraus resultierende nachhaltige Entwicklung. „Wir legen großen Wert darauf, unsere H₂-Lkw-Bilanz so umfassend wie möglich zu erfassen und zu verstehen. Nur so können wir sicherstellen, dass auch effektive H₂-Lkw-Reduktionsmaßnahmen getroffen werden können“, betont Günther Lehner, Chairman der ALPLA Group. „Unsere österreichischen Werke konnten wir zum Beispiel schon vor einiger Zeit auf erneuerbare Energien umstellen. Jetzt gilt es zu analysieren, wo noch weitere Maßnahmen gesetzt werden können – etwa bei der Elektrifizierung.“
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Dominic Kummer
„TUN. GreenDeal Vorarlberg“- Fishbowl-Diskussion
Auch die beiden Getränkehersteller und Familienunternehmen Pfanner und Rauch legen viel Wert auf höchste Umweltstandards und Nachhaltigkeit. Pfanner Getränke GmbH ist heute nicht nur in Österreich, sondern weltweit der stärkste Partner von FAIRTRADE bei fair gehandelten Fruchtsäften – sowohl beim Absatz als auch in der Sortimentstiefe. Die Getränkevielfalt von Rauch Fruchtsäfte löscht den Durst nach Frucht in über 100 Ländern der Welt, wobei das Unternehmen besonderen Wert auf schonende Verfahren und eine nachhaltige Produktion legt. Durch Maßnahmen wie Wärmerückgewinnung, eine eigene Kläranlage mit Biogas und die größte Solaranlage auf einem Gründach in Vorarlberg konnten bereits tausende Tonnen CO₂ eingespart werden. Auch bei den Verpackungen wird laufend optimiert. So war Rauch der erste Hersteller weltweit mit Saft und Eistee in Flaschen aus 100 Prozent Recycling-PET.
Wirtschaftliches Handeln und ökologisches Denken gehen bei der Rondo Ganahl AG ebenso Hand in Hand. Das auf die Herstellung von Wellpappe-Verpackungen und Rohstoffverwertung spezialisierte Unternehmen investiert kontinuierlich in innovative, energiesparende und umweltschonende Technologien sowie neue Produktlösungen im Rahmen der Kreislaufwirtschaft und nachhaltiger Produktionsstandards. So werden etwa mehrere Dachflächen der Werke künftig für die Stromerzeugung aus erneuerbarer Sonnenenergie genutzt.
Für die Rhomberg Bau Holding GmbH bedeutet Nachhaltigkeit nichts weniger als Zukunftsfähigkeit. Die Produkte des Vorarlberger Familienbetriebs haben stets den gesamten Lebenszyklus im Blick. Hubert Rhomberg, Geschäftsführer der Rhomberg Bau Holding GmbH: „Wir denken und handeln ressourcenproduktiv, kreislauffähig und klimaneutral und schützen so natürliche Ressourcen und Ökosysteme. Seit der Unternehmensgründung ist nachhaltiges, vorausschauendes Wirtschaften in unserer DNA verankert und ein wesentlicher Baustein des Unternehmenserfolgs.“ Seine Motivation und die Lösung für einen erfolgreichen, nachhaltigen Klimaschutz bringt Rhomberg auf den Punkt: „Das Heilmittel für unseren Planeten sind wir selbst.“