kapitalmärkte:
kurs auf
veränderung?

Die Zwischenbilanz zeigt: 2023 war in den ersten beiden Quartalen immer wieder für Überraschungen gut. Welche das waren und wie die fair-finance Vorsorgekasse AG darauf reagiert hat, verrät Multi-Asset-Manager Christoph Siegele.
Grafik
Fotocredit:
iSTOCKPHOTO
von „goldlöckchen“ über
vermeintliche Bankenkrisen bis hin zu KI-Hypes: In den ersten beiden Quartalen hatten die Anlageexpert:innen der fair-finance Vorsorgekasse einiges zu tun. Der Kurs, den man in der Veranlagung fuhr, musste zwischenzeitlich leicht korrigiert werden; dies jedoch, man darf es bereits vorweg verraten, mit Erfolg.
Wir rekapitulieren: Bereits Anfang des Jahres kam es zu einem starken Rückgang der Inflation. Die Renditen der Staatsanleihen fielen, auch die Wirtschaft in den USA und in Europa präsentierte sich sich im Nachhinein gesehen robuster, als erwartet worden war. Dieses sogenannte „Goldilocks-Szenario“ brachte einen kurzen Anstieg der Aktienkurse mit sich, der jedoch bis zum Ende des ersten Quartals mehr Schein als Sein war. Während die Kerninflation hartnäckig blieb und der Ausblick auf bessere Wirtschaftsdaten enttäuscht wurde, kam es im März zur nächsten, leider „bösen“ Überraschung: die Bankenpleite im Silicon Valley, die mit der Credit Suisse über den großen Teich hinweg kurzzeitig auch nach Europa überzuschwappen drohte.

Es war eben dieser Zeitpunkt, zu dem sich fair now! mit Christoph Siegele von der fair-finance Vorsorgekasse über die Situation auf den Kapitalmärkten im ersten Quartal 2023 unterhielt. Der Anlageexperte verriet schon damals, dass man bei der Vorsorgekasse nicht damit rechne, dass die Ereignisse zu einer systemischen Krise führen würden. Vielmehr seien dies isolierte Einzelfälle. Eine Voraussicht, die sich bewahrheiten sollte: „Nach drei Monaten war dieses Thema nicht mehr am Markt präsent“, erinnert sich Christoph Siegele. Ausgelöst durch die Bankenkrise, war gegen Ende des ersten Quartals eine regelrechte „Flucht in die Sicherheit“ zu verzeichnen, was zu einer enormen Rallye von Staatsanleihen führte sowie dazu, dass Renditen schnell und stark fielen. Nach dem ersten Schock haben sich die Renditen bis Mitte Mai auf „Richtungssuche“ befunden, erklärt der Multi-Asset-Manager, und schließlich bis zum Zeitpunkt der Berichtserstellung wieder stark angezogen. Auslöser hierfür war vor allem die wieder in den Fokus geratene Kerninflation mit marktbeeinflussendem Charakter. Mehr sogar: Ein Aufwärtstrend der Renditen, den die fair-finance Vorsorgekasse antizipiert und entsprechend in ihre Strategie aufgenommen hatte. „Wegen der beständig hohen Kerninflation sahen wir bei Anleihen keine großen Renditepotenziale. Außerdem antizipierten wir relativ höhere Drawdown-Risiken, also Risiken eines Wertverlusts für diese Assetklassen, als eine mögliche Upside.“
Grafik
Fotocredit:
iSTOCKPHOTO
Hausse oder Baisse -Auf oder ab? Das werden die kommenden Monate zeigen.
Die Sicherheit ist die Mutter der Veranlagung
Die Inflation, die sich beständiger zeigte als viele Marktteilnehmer erhofft hatten, Goldlöckchen-Szenarien, die von Bankenkrisen abgelöst wurden: Bereits das erste Quartal war – gelinde ausgedrückt – ereignisreich. Die zahlreichen konjunkturellen als auch politischen Gegenwinde führten bei fair-finance dazu, dass der strategische Fokus für das zweite Quartal auf Risikobegrenzung und Kapitalerhalt gelegt wurde. Wie also schon zu Beginn des Jahres, besann man sich auf eine Safety-First-Strategie: „Wir waren im Großteil der Risiko-Assetklassen vorsichtiger, das heißt: untergewichtet positioniert“, erläutert der Portfoliomanager die Strategie im ersten Halbjahr. „Lediglich bei Investment-Grade Corporate Bonds, also Unternehmensanleihen von bonitätsstarken Schuldnern, fahren wir ein Übergewicht aufgrund der attraktiven laufenden Verzinsung.“ Dass man auf diese Unternehmensanleihen setzt, hat gute Gründe: Im historischen Vergleich punkten Investment-Grade Corporate Bonds mit zusätzlichen Renditeaufschlägen relativ zu Staatsanleihen. Gerade in rezessiven Zeiten wie dieser ist das Risiko eines Kursverlusts dieser Bonds geringer, da etwaige steigende Spreads (Risikoaufschläge) in der Regel durch Zinssenkungen kompensiert werden. „Die laufende Rendite für in Euro denominierte Unternehmensanleihen mit Investment-Grade Rating beträgt aktuell rund 4,45 Prozent (iBOXX EUR Corporate IG) und ist aus diesem Grund weiterhin sehr attraktiv“, weiß Christoph Siegele zu berichten. Neben den Investment-Grade Corporate Bonds sind auch andere Assetklassen derzeit attraktiv, etwa Festgeldveranlagungen, die Renditen von rund 4,1 Prozent und mehr bieten. Ihr Vorteil: Sie unterliegen keinen Marktschwankungen und sind sehr sicher. Die Strategie für das dritte Quartal sieht also eine vorrangige Veranlagung in verzinsliche Wertpapiere und Festgelder der laufenden Beiträge vor. Damit werden Risiken gesenkt – und Renditen optimiert.
Grafik
Fotocredit:
iSTOCKPHOTO
Die fair-finance Vorsorgekasse AG setzt in ihrer Strategie auf Investitionen in eine Vielzahl von Assetklassen, um eine hohe Streuung zu erreichen.
Von Hausse ...
Eine Entwicklung in diesem Ausmaß hatte man bei fair-finance für das zweite Quartal nicht erwartet: Nachdem sich der Bankensektor wieder beruhigt hatte – und es wie antizipiert nicht zu einer Krise gekommen war – überraschten weltweit viele Aktienmärkte mit einer soliden Performance. Der Grund für diese Hausse? Blasenähnliche Tendenzen rund um das Thema Künstliche Intelligenz, die anfangs von nur wenigen Technologieanbietern in den USA getrieben war: „Dadurch wurden Kaufsignale bei systematischen Strategien ausgelöst und Short-Positionen zurückgekauft, wodurch weiterer Aufwärtsdruck bei den Aktienpreisen entstand.“ Damit konnte sich die Marktstimmung extrem schnell drehen und verlieh den Aktienmärkten weiteren Auftrieb. „Wir halten diese Aktienmarktentwicklung nichtsdestotrotz für nicht sehr nachhaltig beziehungsweise für nur begrenzt ausbaufähig.“
... zur Baisse?
Als Laie mag man sich nun fragen: Woran macht die fair-finance Vorsorgekasse ihre Strategie der Zurückhaltung fest? „Gegenwind kommt tatsächlich aus diversen Marktbereichen – man muss einfach ‚hinhören‘. Wir beobachten derzeit eine merkbar niedrigere Kreditnachfrage, zum Teil fallende Häuserpreise sowie schwächeres Wachstum, kontrahierende Einkaufsmanagerindizes, fallende Gewinnerwartungen, sehr hohe Aktienbewertungen, ... um nur einiges zu nennen.“ Darauf zu hoffen, dass es zu einem Soft-Landing, also einem Rückgang der Inflation und dem Vermeiden einer Rezession, kommt, sei nicht im Sinne ihrer Strategie. „Dass kein Rädchen im Getriebe zu stocken beginnt, ist unserer Meinung nach äußerst unwahrscheinlich – in dieser späten Phase des Konjunkturzyklus möchten wir aus diesem Grund keine unnötigen Risiken eingehen.“
Es gibt Hinweise darauf, dass die Aktienmärkte das Thema Inflation für abgehakt betrachten. Denn die positive Korrelation von Renditen zwischen Staatsanleihen und Aktien, die letztes Jahr noch konstant gewesen war, hat sich mittlerweile aufgelöst. Der fair-finance-Portfoliomanager warnt jedoch davor, dass die Inflation lediglich aus dem Fokus geraten sein könnte. Das würde dazu führen, dass die derzeitige Hausse ganz schnell in einer Baisse enden kann. Aber: „Sollte die Inflation tatsächlich kein Problem mehr für die Investor:innen darstellen, so wird die Inflationsproblematik aus unserer Sicht vermutlich in dieser späten Phase des Konjunkturzyklus von wiederaufkeimenden Rezessionsängsten beziehungsweise einem schwächeren Wachstum abgelöst werden.“ Auf den Anleihemärkten wiederum herrscht weniger Euphorie; hier erwartet man bereits seit einiger Zeit eine Rezession, erkennbar an den inversen Zinskurven. Wer von den beiden Märkten denn nun Recht behalten wird, könne jedoch nur die Zeit zeigen, so Christoph Siegele.
Immer flexibel bleiben
Dass die fair-finance Vorsorgekasse mit ihrer Strategie im Großen und Ganzen richtig lag, war bereits im ersten Quartal des Jahres abzusehen. Dennoch musste man auf die aktuellen Gegebenheiten am Markt reagieren. Darunter – wie bereits erwähnt – die einerseits höheren Zinskurven bei Anleihen, andererseits der unerwartet schnelle und starke Anstieg der Aktien. „Auf die erwarteten Entwicklungen am Anleihemarkt haben wir mit einer teilweisen Auflösung der Zinsabsicherungen reagiert“, verrät Christoph Siegele. Den plötzlichen Sprung der Aktienkurve hat man zwar registriert, bleibt jedoch aufgrund der zig Unsicherheitsfaktoren vorsichtig in Bezug auf Investments: „Wir werden das Geschehen aber mit Argusaugen beobachten, flexibel bleiben und taktisch agieren. Ansonsten bleiben wir unserer Strategie treu.“ Denn: die fair-finance Vorsorgekasse investiert langfristig, und nicht in kurzfristige Trends.
Aus aktueller Sicht bleiben wir unserer Strategie treu -und veranlagen die laufende Liquidität vorrangig in verzinsliche Wertpapiere und Festgelder.
Christoph Siegele, Multi-Asset-Manager der fair-finance Vorsorgekasse AG
Fotocredit:
fair-finance
Kurz erklärt: Investment-Grade Corporate Bonds
... sind Unternehmensanleihen, die ein hohes Rating, also eine hohe Bonitätseinstufung, besitzen. Man kann die Rendite in zwei wesentliche Komponenten unterteilen: Laufzeitabhängiger Referenzzins eines sehr bonitätsstarken Emittenten (z.B. Deutschland) sowie eine Kreditrisikoprämie (sog. Spread). Je geringer der Spread, desto geringer das vom Markt wahrgenommene Risiko.
Christoph Siegele, Multi-Asset-Manager der fair-finance Vorsorgekasse, weiß: „Die laufende Rendite für in Euro denominierte Unternehmensanleihen mit Investment-Grade Rating beträgt aktuell rund 4,45 Prozent (iBOXX EUR Corporate IG) und ist aus diesem Grund weiterhin sehr attraktiv.“