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Die Prävention gegen Naturgefahren wird in Zeiten des Klimawandels immer dringlicher. Im Jahr 2023 haben Wetterextreme wie Stürme und Hagel, durch Starkregen verursachte Überschwemmungen und massive Trockenheit in Österreich enorme Schäden angerichtet.
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rund 200 mal wurde 2023
von der GeoSphere Austria die höchste Warnstufe für eine Gemeinde ausgegeben. Für das Jahr 2024 erwartet die Versicherungswirtschaft weitere Rekordschadenszahlen angesichts der immer deutlicheren Auswirkungen des Klimawandels. Die Bevölkerung ist auf die bevorstehenden Risiken allerdings viel zu wenig vorbereitet, kritisieren Expert:innen des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) und des österreichischen Versicherungsverbands VVO. Präventionsmaßnahmen müssen jetzt gesetzt und der Wissensstand der Bevölkerung deutlich gehoben werden, heißt es. Darüber hinaus brauche es zur Risikoabsicherung der Bevölkerung eine gesamtstaatliche Lösung, um Schäden besser auszubalancieren.
Schadenshöhe über eine Milliarde
Die Rekordtemperaturen im Jahr 2023 sind nur ein Vorgeschmack auf das, was uns erwartet. Ein schnelleres Umdenken ist erforderlich, da Extremwetterereignisse und Naturkatastrophen bereits jetzt hohe ökologische und wirtschaftliche Schäden verursachen. Erste Schätzungen für 2023 zeigen, dass die Schäden in Österreich die Milliardengrenze überschreiten. Trotzdem ist die Bevölkerung vielfach unzureichend auf diese Risiken vorbereitet, wie der Naturgefahrenmonitor 2023 des KFV zeigt. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, insbesondere im Bereich der Eigenvorsorge, bei der viele Österreicher:innen für nur wenige Tage Lebensmittelvorräte haben. In verschiedenen Bundesländern wie der Steiermark, Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg steht die Angst vor Starkregen an erster Stelle der Katastrophenszenarien, während in Wien und dem Burgenland Hitzewellen dominieren.

Laut KFV-Direktor Christian Schimanofsky teilen 69 Prozent der Österreicher:innen die Besorgnis, dass Naturkatastrophen aufgrund des Klimawandels zunehmen werden, und 79 Prozent sind bereit, Opfer zu bringen, um den Klimawandel zu bekämpfen. Dennoch reicht Verzicht allein nicht aus, um sich vor aktuellen Naturgefahren zu schützen. Das KFV empfiehlt daher, sich präventiv auf Katastrophen vorzubereiten und bereits im Voraus wichtige Maßnahmen zu ergreifen. Derzeit ist das Bewusstsein für Naturgefahren in Kärnten, Salzburg und dem Burgenland am höchsten, während es in Wien, Niederösterreich und der Steiermark noch Potenzial zur Verbesserung gibt.
79 Prozent der Österreicher:innen sind bereit, Opfer zu bringen, um
den Klimawandel zu bekämpfen.
Quellenangaben: Kuratorium für Verkehrssicherheit
Genaue Warnungen wichtig
Im Jahr 2023 gab die GeoSphere Austria 187 Mal rote und 12.291 Mal orange Warnungen für Sturm, Starkregen und Starkschneefall in österreichischen Gemeinden aus – und somit insgesamt 12.478 Warnungen der beiden höchsten Stufen. Zusätzlich gab es 18.399 Warnungen vor heftigen Gewitterzellen, von denen 18.389 orange und zehn rot waren. Fast jede Gemeinde Österreichs erhielt mindestens eine Wetterwarnung. Andreas Schaffhauser, wissenschaftlicher Generaldirektor der GeoSphere Austria, betont die hohe Genauigkeit der Warnungen, die entscheidend für das Verhalten der Bevölkerung ist. Effiziente Maßnahmen erfordern die intensive Zusammenarbeit verschiedener Organisationen. Das Projekt AMAS in Salzburg dient als optimales Werkzeug für auswirkungsbezogene Wetterwarnungen und wurde im Februar 2024 auch in der Steiermark eingeführt.
Gesamtstaatliche Lösung gefragt
Hochwertige Datenbanken zu Ereignissen und Schäden sind wichtige Instrumente im Katastrophenrisikomanagement. CESARE (CollEction Standardization and Attribution of Robust disaster Event information) wird derzeit als erste einheitliche nationale Schaden- und Ereignisdatenbank für Österreich entwickelt. Diese erfüllt die Anforderungen der Vereinten Nationen, der EU sowie nationale Standards zur Bewältigung von Katastrophenauswirkungen. Die Entwicklung erfolgt im Auftrag der ASDR-Plattform (Austrian Strategy for Desaster Risk Reduction), koordiniert von der GeoSphere Austria in Zusammenarbeit mit Organisationen wie dem KFV und dem VVO. Christian Eltner, Generalsekretär vom VVO, weist auf die unterschiedliche Risikowahrnehmung in den Bundesländern hin und fordert eine gesamtstaatliche Lösung. Er plädiert für eine Kopplung der Katastrophenrisiken an die Feuerversicherung, um die Deckungssummen bei Naturkatastrophen zu erhöhen, ohne die Prämien unerschwinglich zu machen.
Globale Vorreiterrolle
Der VVO-Experte betont, dass weltweit bisher nur 40 Prozent der Katastrophenschäden versichert waren, wie Daten des Schweizer Rückversicherers Swiss Re zeigen. Die durchschnittlichen wirtschaftlichen Schäden durch Naturkatastrophen betrugen in den letzten zehn Jahren weltweit 223 Milliarden US-Dollar pro Jahr, von denen nur 89 Milliarden US-Dollar versichert waren. Bei den Stürmen und Überschwemmungen im Mai 2023, die Österreich, Italien, Bosnien-Herzegowina und Kroatien betrafen, betrugen die Gesamtschäden laut dem deutschen Rückversicherer Munich Re rund zehn Milliarden us-Dollar, von denen nur rund 1,1 Milliarden us-Dollar durch Versicherungen gedeckt waren. Ähnlich unbefriedigend waren die Quoten bei den Überschwemmungen Anfang August 2023, von denen Österreich, Slowenien, Kroatien und Deutschland betroffen waren. Die Gesamtschäden lagen bei 5,2 Milliarden US-Dollar, wovon nur 0,5 Milliarden us-Dollar durch Versicherungen gedeckt waren. „Wir müssen das Bewusstsein stärken, dass eine starke Solidargemeinschaft im Präventions- und Versicherungsbereich die Herausforderungen des Klimawandels besser meistern kann“, appelliert Eltner.