das
gefühl
vom
fliegen

Wer möchte das nicht gern mal: Fliegen wie ein Vogel? Trampolinspringer:innen kommen diesem Traum schon ziemlich nahe. Benny Wizani zum Beispiel springt bis zu neun Meter in die Höhe. Dabei wirken enorme Kräfte auf den Körper, die er nur mit genügend Muskelspannung und einer guten Ausdauer kompensieren kann.
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Florian Rogner Photography
Die Hallendecke kommt
den Trampolin-springer:innen ganz schön nahe, wenn sie mit Salti und Schrauben durch die Luft wirbeln. „Am höchsten Punkt erreicht man zwei Sekunden Schwerelosigkeit und hat eine unglaubliche Bewegungsfreiheit. Das ist ein einzigartiges Gefühl, das dem Fliegen sehr nahe kommt. Mich fasziniert vor allem die Kontrolle, die ich da in der Luft erreichen kann.“ Benny Wizani ist Österreichs bester Trampolinspringer, mit zehn Staatsmeistertiteln in der Elite-Klasse. Vor vier Jahren gewann der Tullner bei den Olympischen Jugendspielen in Buenos Aires Bronze, letztes Jahr feierte er sein bisher erfolgreichstes Jahr mit einem vierten Platz bei der EM und dem Finaleinzug bei der WM mit seinem Synchronpartner Niklas Fröschl.
„Mir geht es um die bestmögliche Persönlichkeitsentwicklung im Privatleben und im Sport.“
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Akos Burg
Erste Sprünge an der Donaulände
Seine Begeisterung für den Trampolinsport hat der 21-Jährige seinen Eltern zu verdanken. Beim gemeinsamen Spazierengehen an der Donaulände in Tulln war ein Zwischenstopp beim Trampolin am Minigolfplatz ein Fixpunkt. Schon mit fünf Jahren war sein Talent nicht zu übersehen, und so landete er bereits im Kindergartenalter beim WAT Brigittenau. Sehr schnell wurde aus dem Hobby Leistungssport, und bereits mit elf Jahren standen erste internationale Wettkämpfe und Trainingslager in der Trampolinhochburg Bad Kreuznach bei Mainz am Programm. Ebendort hat er nicht nur Freund:innen gefunden, sondern auch eine zweite Heimat, geht er doch für den Verein in der deutschen Bundesliga an den Start und bereitet sich bei besten Trainingsbedingungen auf die wichtigsten Wettkämpfe vor.
Österreich ist ein Kultur- und kein Sportland
„In Deutschland hat der Trampolinsport einen ganz anderen Stellenwert, in Österreich haben wir nicht einmal eine fixe Trainingsstätte. Einer meiner Trainer hat einmal zu mir gesagt, Österreich sei eben ein Kultur- und kein Sportland – damit hat er nicht unrecht, vor allem, wenn man wie ich einen Randsport betreibt.“ Ein Randsport, der ihn, wenn alles gut geht, zu den Olympischen Sommerspielen 2024 nach Paris bringen soll. Für den Heeressportler beginnt im Juli die Qualifikationsphase mit einem Weltcup nach dem anderen. Danach folgt die Weltmeisterschaft in Birmingham im November. Bis dahin steht zweimal täglich Training am Programm. Am Vormittag widmet sich der Ausnahmesportler Kraft und Koordination, am Nachmittag geht es ab aufs Trampolin.
Um den Sport sicher und ohne Verletzungen ausüben zu können, ist vor allem die Muskulatur gefragt, denn beim Trampolinturnen auf Leistungsniveau wirken enorme Kräfte auf den Körper. Fehlerfreie Technik und Mut sind gefordert, vor allem beim Erlernen neuer Bewegungen. Auf Topniveau ist alles extrem kraftvoll und dynamisch. Nur koordinativ Hochbegabte können bei professionellem Training die komplexen Anforderungen der Weltklasseküren erfüllen.
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SPORTPOOL WIEN
„Am höchsten Punkt erreicht man zwei Sekunden Schwerelosigkeit.“
Wettkampf: Einzel, Mannschaft und Synchron
Bei einem Wettkampf gibt es immer zwei Kürübungen mit zehn direkt aneinandergereihten Sprüngen. Die bessere Kür kommt dann in die Wertung. Kampfrichter:innen bewerten dabei die korrekte Ausführung der Übungen, ob sie auf dem Gerät hin und her „wandern“, die Höhe der Sprünge und deren Schwierigkeit. Im Finale – an dem nur die acht besten Springer:innen teilnehmen dürfen – wird nochmals eine Kür gezeigt. Das ist im Einzel-, im Mannschafts- und im Synchronwettkampf gleich. Bei der Mannschaft, die aus vier Turner:innen besteht, werden die Punktzahlen der besten drei des Teams zusammengezählt. Bei einem Synchronwettkampf stehen zwei Trampoline nebeneinander. Die Springer:innen müssen die gleichen Sprünge möglichst gleichzeitig, auf selber Höhe und eben synchron ausführen, denn auch das fließt in die Bewertung durch die Kampfrichter:innen mit ein.
Mentale Stärke ist gefragt
Nach seinen Zielen gefragt, sagt Benny Wizani bescheiden: „Es geht mir um die bestmögliche Persönlichkeitsentwicklung im Privatleben und im Sport.“ Er habe für sich festgestellt, dass ihm übermäßiger Druck oder das Anpeilen von konkreten Platzierungen bei Wettkämpfen nicht gut tue. Schon seit 2017 arbeitet er mit einer Sportpsychologin an seiner mentalen Stärke. „Das Leistungsniveau im Trampolinspringen ist sehr fortgeschritten. Bei den Besten kommt es nicht nur darauf an, was du in der Luft kannst, sondern vor allem wie fit du im Kopf bist, um zum richtigen Zeitpunkt abliefern zu können.“ Der sympathische Niederösterreicher versucht, aus jedem Training an jedem Tag etwas Positives mitzunehmen, auch, und gerade, wenn es einmal nicht so gut läuft. Große Wettkämpfe seien eine riesige Motivation, aber Olympia 2024 als einziger Antrieb wäre zu wenig. „Es sind die kurzfristigen Ziele, die kleinen Wettkämpfe und Erfolge im Training, auf die es ankommt.“ Das macht für Benny Wizani den Spaß am Sport und die Motivation in seiner Flugshow durchs Leben aus.
Geschichte des Trampolinturnens
Das „Sporttrampolin“ unterscheidet sich von „Gartentrampolinen“ und „Spieltrampolinen“ bei den Leistungsmöglichkeiten, aber auch bei den Sicherheitseinrichtungen. Das Trampolinturnen hat seinen Ursprung in den USA, dort wurde 1928 das erste Trampolin gebaut — zur Unterhaltung. In Deutschland baute Albrecht Hurtmanns 1951 die erste „Wurfmaschine“, wie er sie nannte. Seine Materialien: Rollladengurte und Fahrradschläuche. 1959 wurde das Trampolinturnen als selbstständige Sportdisziplin anerkannt, mittlerweile gibt es Europa- und Weltmeisterschaften, seit 2000 ist Trampolinturnen im Einzel auch bei den Olympischen Spielen vertreten. Die erste Österreichische Meisterschaft fand 1993 unter der Verantwortung des Österreichischen Fachverbandes für Trampolinspringen statt, der sich 2000 selbst auflöste, als der Turnsport Austria die Verantwortung übernahm und Trampolinspringen als Sparte eingliederte.